Wettelsheim (W. Hartl) Wer etwas Fantasie mitbrachte, konnte sich jüngst in Wettelsheim in eine mittelalterliche Badestube hineinversetzen. Der Jurahausverein hatte zu einer Besichtigung in der Marktstraße eingeladen und Ludwig Schwimmer führte zahlreiche Interessierte in das mit einem Kreuzgewölbe versehene Kellergebäude. Die ehemalige Badestube wird seit vielen Jahren als Kellerraum benutz. Insofern ist es Schwimmer und den Hausbesitzern zu verdanken, dass der historische Raum nochmals einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden konnte. Er beschrieb wie die Aufteilung der Räume ausgesehen haben könnte, dass das Wasser aus dem damals am Gebäude vorbeifließenden Mühlbach entnommen wurde. Es wurde in Zubern gebadet und es hat auch einen Ofen gegeben, der nach verschiedenen Umbauten aber nicht mehr nachweisbar ist.
Es ist auch erstaunlich, dass sich im späten 16. Jhdt schon Hinweise für eine Badeeinrichtung in Wettelsheim finden. Also nicht nur in den Städten, auch in den von Bauern und kleinen Handwerkern geprägten Dörfern im mittelfränkischen Altmühltal wurde Wert auf Hygiene gelegt. Neben Wettelsheim ist z.B. eine solche Einrichtung auch für Meinheim bekannt.
Für Wettelsheim ist eine Badeordnung um das Jahr 1500 verbrieft. Erlassen wurde diese vom damaligen Abt des Klosters Wülzburg, Michael Hellinger (1495-1510). Danach bestand bereits damals im Rohrachdorf eine Badestube. 1520 war ein Bader namens Hans Gennsberger für die Einhaltung der Badeordnung verantwortlich. In den Aufzeichnungen ist erwähnt, dass er dem Kloster gegenüber zinspflichtig war. Andererseits hatten die Müller, Bauern und Handwerker ihm gegenüber seine Dienstleistung mit Naturalien zu entschädigen. Auch ein Ofen wurde betrieben, das Holz wurde dem Bader gestellt. Empfehlungen für ein vorzunehmendes Bad gab es auch, zum Beispiel: affter Montag (= Dienstag) und Sambstags. Und vor Hochzeiten oder dem sonntäglichen Kirchgang natürlich. Es ist davon auszugehen, dass Mann und Frau gemeinsam gebadet haben. Die Bubenheimer besuchten damals das Bad in Wettelsheim.
Der Bader bewohnte in der Marktstraße das dazugehörige Haus und zahlte Zins für weitere Acker- und Gartenflächen. Flurnamen wie Badschlag oder Badgarten erinnern noch an diese Zeit. Nach 1750 wurde der Badebetrieb allmählich eingestellt, der damalige Gemeindebader Johann Friedrich Beck erwarb 2/3 des Anwesens, da die Gemeinde wegen der Anschaffung einer Feuerspritze auf den Teilverkauf der Immobilie angewiesen war. Das restliche Drittel blieb in Gemeindebesitz und wurde um 1860 umgebaut bzw. erweitert und als Armenhaus genutzt.
Warum wurde der Badebetrieb eingestellt? Die möglichen Gründe dürften zu einem Großteil in der damals sich verbreiteten venerischen Krankheit (vermutlich Syphilis) und der damit verbundenen Ansteckungsgefahr begründet sein. Zum anderen Teil im Schaffen von eigenen Badegelegenheiten bei den Bauern, die es sich leisten konnten, über ein eigenes Bad nach dem Vorbild der Städter zu verfügen.
Wilfried Hartl
Quelle: Ludwig Pfabel, Badehaus und Badestube in Wettelsheim, in: Aus Wettelsheim`s Vergangenheit, Mitteilungen des Vereins von Altertumsfreunden Wettelsheim, 1. Jahrgang 1927
Fotos: Wilfried Hartl